Während der Pandemie habe ich das Puzzlen wieder für mich entdeckt. Lange ist es her, dass ich davor eines der bunten Pappbilder zusammengesetzt habe.
Das Zimmer, in dem ich zuletzt gepuzzelt habe, ist heute ein Arbeitszimmer. Zwei Tische stehen hier über Eck zusammen, an der Wand ein hohes Regal über die gesamte Breite des Raumes, vollgestopft mit Aktenordnern, Fotoalben und Kisten voller Krims-Krams. Doch die Holzdielen des Bodens erzählen noch eine andere Geschichte. Sie sind noch immer dunkler an den stellen, wo viele Jahre lang ein Bett stand oder eine Schmink-Kommode. Sie sind zerkratzt von Kinderfüßen, die mit Mamas Schuhen Modenschau gespielt haben, von Barbieautos, die ihre Insassen zwischen Schrank und Bett hin- und herkutschiert haben und von Türmen aus Bauklötzen, die irgendwann in ihrer Instabilität der Schwerkraft nicht mehr trotzen konnten.
Das Puzzeln mag weniger physische Spuren auf diesen Holzdielen hinterlassen haben und trotzdem gehört auch das zur Geschichte dieses Zimmers. Denn dieses Zimmer war ein Rückzugsort. Die Insel, in der ich die Lautstärke der Welt einfach ausblenden konnte. Tür zu – Welt aus. Einen Pappkarton öffnen und alle darin enthaltenen Teile auf dem Boden verteilen, sie dann zuerst richtig herumdrehen, die bunte Seite nach oben. Dann sortieren: die Randteile als erstes, hier sind die Ecken. Dann das Motiv. Dieses Braun gehört definitiv zu Bambis Fell, das Grau hier aber ist sicherlich ein Teil von Klopfer. Nach und nach fügt sich ein Teil in das andere. Nach und nach entsteht ein Bild. Eine fast schon meditative Übung, die ich bereits mit sechs Jahren zu schätzen wusste. Allein sein, nur für mich. Ich sein können, ohne jemand anderes Ansprüche erfüllen zu müssen. Mich in Geduld üben.
Eine Betätigung, die kaum Spuren hinterlässt, zumindest keine sichtbaren. Sie verkratzt den Boden nicht und bleicht ihn nicht aus. Aber im Inneren hinterlässt sie Spuren: die Erkenntnis, dass jedes Teil wichtig ist für das große Ganze. Dass ein Chaos am Ende irgendwie einen Sinn ergibt.