Auf dem Badezimmerboden.
Die Waschmaschine zu meiner Rechten, der Waschbeckenschrank zu meiner Linken. Im Rücken die kühlen Fließen der Badewanne.
Ich war gerade dabei, mich fertig fürs Bett zu machen, hatte gerade die Zahnbürste zurück in ihren Becher gestellt und mich einmal aus müden Augen selbst im Spiegel betrachtet, als die bleischwere Mischung aus Erschöpfung und Traurigkeit, die mich schon den ganzen Abend begleitet hatte, auf einmal an die Oberfläche kroch.
Im Grunde genommen hatte ich den ganzen Abend darauf gewartet, dass es passiert und war dann doch überrascht, als ich mich eben dort wiederfand. Auf dem Badezimmerboden, die Knie angezogen. Schluchzend und nach Atem ringend, als heiße Tränen begannen über mein Gesicht zu laufen.
Es dauerte etwa zehn Minuten, bis die Tränen wieder versiegt waren und ich langsam aufstand, um mir von der Klopapier-Rolle zwei Blätter abzureißen und als Taschentuch zweckzuentfremden. So ein Ausbruch wiegt schwer auf der Brust, auch noch eine Zeitlang danach, aber gleichzeitig hat er eine reinigenden Kraft. Als würden mit dem Wasser auch alle – oder wenigstens ein Großteil – der überschüssigen negativen Emotionen aus dem Körper ausgespült.
Schließlich im Bett musste ich an meine Therapeutin denken. Neben all der klugen Dinge, die sie im Laufe unserer Gespräche zu mir gesagt oder auf die sie mich gestoßen hat, ist mir eines besonders in Erinnerung geblieben. Ich erzählte ihr einmal von einem Abend, wie dem an diesem Mittwoch mit den Worten: „Ich hatte da einen kleinen Zusammenbruch.“ Sie unterbrach mich und korrigierte: „Du meinst, einen emotionalen Durchbruch.“
Und seitdem fällt es mir viel leichter, Abende auf dem Badezimmerboden anzunehmen. Denn es sind keine Zusammenbrüche, sondern Durchbrüche. Da ist eine Emotion, die sich Raum schafft, die mich nur daran erinnert, dass ich sie nicht zu lange unterdrücken darf. Nichts Weltbewegendes, nichts, was ein Leben zum einstürzen bringt.
Bloß ein emotionaler Durchbruch.