Songs of a Millennial Life

Musik hören auf Radio

Stell dir vor, was auch immer in deinem Leben geschah, Gutes oder Schlechtes, Erfolge, Rückschläge, Durchbrüche – alles wurde von Musik begleitet. Mit nahezu jedem Ereignis in deinem Leben seit deiner Jugend verbindest du ein bestimmtes Lied oder auch mehrere, eine Songzeile, die dich nicht mehr losgelassen hat oder ein ganzes Genre, dass dich für diesen Lebensabschnitt begleitet hat. 

Die bewusste Erinnerung beginnt in der frühen Jugendphase. Als gute Millennial steckt natürlich auch in dir ein kleiner Emo/Punk. Zwar hast du nie die Courage deine Haare schwarz zu färben, wie so viele deiner Klassenkameradinnen und Freundinnen, aber das Gefühl, das war da. Nachdem Blink 182 mit dir auf dein First Date[1] gegangen sind, zelebrierst du deinen ersten (vermeintlichen) Herzschmerz leidenschaftlich mit Avril Lavigne: You were everything, everything that I wanted. We were meant to be, supposed to be, but we lost it. All of the memories so close to me just fade away. All this time you were pretending, so much for my happy ending.[2]

Nichts bleibt immer gleich und in den ersten Jahren, in denen du herauszufinden versuchst, wer du eigentlich sein willst, verändert sich so unglaublich viel. Zum Beispiel auch Freundeskreise. Neue Freunde heißt neue Musik. Und zwar 180 Grad anders. Zunächst finden K.I.Z und Sido ihren Weg auf deine Playlists, später dann auch Alligatoah, Samy Deluxe und Kool Savas. Weck mich bitte auf aus diesem Albtraum, Menschen sehen vor lauter Bäumen den Wald kaum und man versucht uns ständig einzureden, dass es noch möglich wär, hier frei zu leben.[3] oder Hier oben weht ein rauher Wind, keiner hört uns, wenn wir traurig sind. Gott, wenn du mich hörst, sag mir, ob es einen Himmel gibt für Banker.[4] sind Texte, die möglicherweise zum ersten Mal deine sozialkritische Seite kitzeln. Möglicherweise ist das aber auch reine Spekulation.

Zeilen wie Du bist älter und denkst wohl, dass du klüger wirkst, wie gut, dass ich weiß, dass du früher stirbst[5]oder Ich bin kein Gangster, kein Killer, ich bin kein Dieb. Ich bin nicht grundlos böse, ich bin nur ein Junge von der Straße.[6] erfüllen dagegen einfach nur ein Bedürfnis nach Rebellion, die letztendlich gar keine solche ist.

Bald darauf: die erste wirkliche Liebe, die den Namen verdient. Ihr lebt es aus bis. Can you feel the love tonight[7] und I just can’t stop loving you[8] sind nur zwei Lieder einer seeeehr langen Playlist voller Liebeslieder, die ihr rauf unter runter hört. Kitschig, wie in schlechten High School Romcoms, aber echt. Genauso echt dann aber auch der erste wirkliche Herzschmerz, das erste Mal erleben, das Gefühle nicht für immer sind. How can I give anymore when I love you a little less than before? […] You can’t play on broken strings, you can’t feel anything that your heart don’t want to feel. I can’t tell you something that ain’t real.[9]

Um dem Liebeskummer nicht zu viel Raum zu geben, waren und sind Partys seit eh und je das Mittel der Wahl. Und beste Freundinnen. Gemeinsam betretet ihr zu Move Bitch[10] die Tanzfläche like the ceiling can’t hold us. […] This is the moment, tonight is the night[11] – jeder Moment ist dieser Moment und jede Nacht diese Nacht, in der ihr den Männern mitteilt what you really really wantedIf you wanna be my lover, you gotta get with my friends. Denn friendship never ends.[12] In diesen Nächten fühlt sich tatsächlich alles nach für immer an. 

Aber schließlich enden Freundschaften eben doch.

Dies ist kein Abschied, denn ich war nie willkommen, will auf und davon und nie wiederkommen.[13] – nur ein paar Monate vor dem Abitur ist das deine Hymne. Es mag klischeehaft sein, doch in den dunkelsten Stunden wirst du immer aufgefangen von der kratzigen Stimme Caspers und seinen Worten, die den Blick in einen tiefen Abgrund eröffnen. Genauso auch von Prinz Pis Lyrics, welche irgendwie immer genau zur richtigen Zeit kommen. Denn nur Stunden nachdem 90 Menschen im Chor zur Musik von Icona Pops I love it[14] „A-BI-TUR!“ gegrölt haben, rapst du auf der Heimfahrt im Auto mit Bob Dylan gab mir einst einen Kompass ohne Norden, so treibe ich verloren in ein unbekanntes Morgen.[15] Wenige Lieder haben dich so viele Jahre immer wieder begleitet und dich immer und immer und immer wieder berührt. 

Das unbekannte Morgen ist schließlich ein WG-Zimmer rund 100 Kilometer entfernt und eine Liebe, für die du jedes Wochenende ebenjene 100 Kilometer wieder zurücklegst. Ihr seid euch absolut sicher: Each time I go away, the distance gets longer. But it makes us stronger[16].

Musikalisch geht es wieder zurück zu den Anfängen – aber auch darüber hinaus. Auf deinem ersten Festival entdeckst du nicht nur deine Vorliebe für Pop-Punk wieder, sondern auch die für Metal neu. In den vielen vielen Stunden, die du in den nächsten vier Jahren im Fitnessstudio verbringst, untermalt er sehr eindrücklich deinen Selbstzerstörungsmodus: Can you feel it taking hold again? In your mind all your demons are rattling chains. Welcome to a world of pain[17] … There’s a voice in my head says I’m better off dead. But if I sing along a little fucking louder to a happy song I’ll be alright[18] … Don’t blink, they won’t even miss you at all[19]

Das Einzige, von dem du aber willst, dass es jemand sieht – du siehst es nur leider selbst nicht – war I‘m not okay[20] und When I tell you I’ll be fine, I just want you by my side. Please just try to read between the lines.[21]

Dass man Zwischen-den-Zeilen-Lesen nicht immer verlangen kann und sollte, dass Beziehungen egal welcher Art besser funktionieren, wenn man klar kommuniziert – das lernst du erst viel später. Aber so endet jene Liebe, die so jung so ernst war, aber gleichzeitig auch unreif, die aufregend war, aber genauso oft schnöder Trott. We’ve gone way too fast for way too long and we were never supposed to make it half this far […] I forgot what I was losing my mind about. I only wrote this down to make you press rewind.[22]

Mit den Vorsätzen ist es ja immer so eine Sache und genau dann, wenn du dir vornimmst nach einer langen Beziehung erstmal single zu bleiben und das Leben alleine zu genießen – da verliebst du dich. Erneut. Und du lässt dich darauf ein, weil du ja auch irgendwie an das Schicksal glaubst. Und dann wird es schwierig. Und schwieriger. Dann wird es wieder sehr schön, aber bald auch wieder sehr sehr schwierig. 

Neben allen möglichen persönlichen Krisen kommt schließlich auch noch eine Pandemie obendrauf. Nice. Long story short: zwei Jahre lang hat Musik quasi keine Rolle in deinem Leben gespielt, weil du bei traurigen Liedern sofort heulen musst oder bei fröhlichen nichts gespürt hast. Abfuck. 

Nach über zwei Jahren sieht es so aus, als würde sich ein Krisenherd langsam erholen. Endlich geht es bergauf, doch da: This world can hurt you, it cuts you deep and leaves a scar. Things fall apart, but nothing breaks like a heart. And nothing breaks like a heart.[23]

Mehrere Wochen läuft Prinz Pi in Dauerschleife:
Du bist meine letzte Liebe, hab ich geglaubt, [der] Letzte, neben [dem] ich liege, hab ich geglaubt. Zu zweihundert Prozent hab ich auf uns vertraut, aber manchmal hört die Ewigkeit auf.[24]

Bis irgendwann der Tag kam, als er abgelöst wird. Zunächst von den Dreamers: Now your drug is wearing off, you burned me like a molotov. I see what I’ve been missing all along. So here’s to moving on. Now that you’re gone, I’ll take back my heart and put it back together.[25]
Und bald darauf auch von Little Mix: Shout out to my ex. You’re really quite the man. You made my heart break and that made me who I am. Here’s to my ex, hey, look at me now. Well I’m all the way up. I swear, you’ll never bring me down.[26]

Und jetzt? 

Der Weg ist immer noch lang. I keep searching and I can’t seem to find what I’m wanting. It’s changing all the time. And if you noticed a different side of mine, then I’ve found what I’ve been looking for.[27]
Wann auch immer das sein wird. 


Und für alle, die bis hierher durchgehalten haben, gibt es die ganze Playlist und noch einiges mehr natürlich auch zum hören.

[1] Blink 182 (2001)

[2] Avril Lavigne – Happy Ending (2004)

[3] Samy Deluxe – Weck mich auf (2001)

[4] K.I.Z – Rauher Wind 2009

[5] Alligatoah – Klüger (2011)

[6] Sido – Straßenjunge (feat. Alpa Gun) (2006)

[7] Elton John (1994)

[8] Michale Jackson (1987)

[9] James Morrison – Broken Strings (feat. Nelly Furtado) (2008)

[10] Ludacris (2001)

[11] Macklemore – Can’t Hold Us (feat. Ray Dalton) (2011)

[12] Spice Girls – Wannabe (1996)

[13] Casper – Im Ascheregen (2013)

[14] 2012

[15] Prinz Pi – Kompass ohne Norden (2013)

[16] Bullet for my Valentine – Forever and Always (Acoustic) (2008)

[17] Parkway Drive – The Void (2018)

[18] Bring me the Horizon – Happy Song (2015)

[19] A Day to Remember – I’m Made Of Wax, Larry, What Are You Made Of (2009)

[20] My Chemical Romance – I’m not okay (I promise) (2004)

[21] Beartooth – The Lines (2014)

[22] Fall Out Boy – Young and Menace (2017)

[23] Mark Ronson – Nothing Breaks Like a Heart (feat. Miley Cyrus) (2019)

[24] Prinz Pi – Letzte Liebe (2017)

[25] DREAMERS – The Last Love Song (2018)

[26] Little Mix – Shout Out to My Ex (2016) 

[27] Tom Grennan – Found What I’ve Been Looking For (2017)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert