Da saß ich nun. An diesem Ort, mit diesen Leuten. Lauschte den Gesprächen, an denen ich mich nicht wirklich beteiligen wollte, hörte mir ihre Ansichten, Sorgen und Gedanken zum Leben an, die manchmal wenig, oft genug aber so gar nichts mit meiner Realität zu tun hatten.
Und ich fragte mich: Ist es das? Ist das jetzt mein Leben?
Spoiler: Ist es nicht.
Die oben beschriebene Situation ist keine einmalige. Immer wieder bin ich in meinem Leben in solchen Situationen gelandet: Die Menschen, mit denen ich mich umgebe, sind ja alle irgendwie in Ordnung, aber sie sind aus Umständen zu meinem Umfeld geworden und nicht, weil ich sie aktiv gewählt habe. Sie sind nett, aber ich lege keinen allzu großen Wert darauf, jedes Wochenende mit ihnen zu verbringen – um nicht zu sagen: keinen. Denn das ist nicht das Leben, das ich leben will. Mit Bekanntschaften aus Umständen, mit Lebens- und Werte-Ansichten, die ich nicht teile.
Diese Momente absoluter Klarheit, sie treffen mich jedes Mal absolut unvorbereitet. Und jedes Mal gehen sie einher mit Ernüchterung, Entmutigung – darüber, dass ich es (wieder) nicht geschafft habe, mich einer Gruppe anzupassen. Aber trotz aller Zweifel und Unsicherheit, ist die Erkenntnis an sich immer schon Befreiungsschlag. Die Erkenntnis: etwas muss sich ändern. Angst und Lähmung sind zwar immer Teil des Prozesses, aber schließlich kommt der Tatendrang. Denn wenn die Einsicht einmal eingesickert ist, dass es an mir liegt, nur an mir liegen kann, eine Veränderung herbeizuführen – und wenn ich mir sicher bin, dass es jetzt auf diese Art und Weise nicht richtig ist, dann bin sehr schnell im Anpacken und Lösungen finden. Dann kann es eigentlich nicht mehr schnell genug gehen.
Dennoch gibt es sie immer wieder, die Phasen, in denen ich neidisch bin auf diese Freundschaften, die ein Leben lang bestehen, die durch keine Entfernung, keine veränderten Lebensumstände jemals getrennt wurden. Aber die sind wohl nicht für mich.
Vielleicht sollten wir uns – sollte ich mich – von dem Gedanken verabschieden, dass es die richtigen Personen und Beziehungen, platonische oder romantische, für ein Leben lang gibt. Vielleicht sind manche Beziehungen die genau richtigen für einen Abschnitt unseres Lebens. Für den darauffolgenden aber schon nicht mehr und das ist ok. Wir entwickeln uns weiter, alle. Und das ist oft schmerzhaft, vor allem wenn wir davon ausgegangen sind, dass es diesmal für immer ist. Aber vielleicht war diese Beziehung für immer in dieser Phase unseres Lebens.
Wie schön und erleichternd ist es, einfach darauf zu vertrauen, dass die richtigen Menschen zum richtigen Zeitpunkt in unser Leben treten, es zum richtigen Zeitpunkt wieder verlassen. Oder auch nicht. Und wenn der Grund ihres Erscheinens nur der ist, uns zu zeigen, dass wir hier gerade falsch sind.
Wie viel Druck nimmt das aus jeglicher zwischenmenschlichen Interaktion.
Keine Entscheidung ist für immer.
Ein Kommentar zu “Umstandsbegegnungen”